... G o l d i g s L a u b ... |
Die
Autorin Hedy Meier aus Wetzikon erzählt mit 80 Jahren Geschichten und kramt in ihren Erinnerungen
aus ihrer Jugendzeit im Tösstal. Heitere und ernste Erlebnisse, welche
auch mit der heutigen Zeit in Verbindung gebracht werden.
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Der „Tößthaler“ schreibt dazu am 4. März 2000 "Gschichte us em Tösstal" „S‘
hät Gfreut’s und Leid’s z’verwerche“
«S’ hät Gfreut’s und Leid’s z’verwerche gä», schreibt die 80-jährige
Hedy Meier-Trachsler, die in der «Breiti», ob dem Steigli (Frohwies),
Gemeinde Wildberg, an der Strasse nach Schalchen aufgewachsen ist und heute in
Wetzikon lebt. Ihre Kindheits- und Schulzeit-Erinnerung sind eben erst im Büchlein
«Goldigs Laub – Gschichte us em Tösstal» beim Buchverlag der Zürcher
Oberland Medien AG erschienen. Das
hübsche Büchlein enthält einen bunten Strauss Geschichten in Mundart und
Schriftsprache sowie etliche Fotos und auch Zeichnungen aus alten Zeiten.
Die Autorin erzählt darin lebendig und voller Begeisterung fürs Schöne, ohne
Tragisches oder Wehmütiges, Schlimmes oder Trauriges wegzulassen, wie sie als
Kind ihre Zeit im Tösstal erlebt hat. Hedy
Meier wurde 1920 als jüngstes von drei Geschwistern in die Bauernfamilie
Trachsler, Breiti, geboren. Sie besuchte die ersten sechs Klassen in der
Acht-Klassen-Schule in Schalchen. Die ersten fünf Jahre wurde sie von Lehrer Bärchtold
unterrichtet, bei dem schon der Vater lesen gelernt hatte und der hier über 40
Jahre Schulmeister war. In der sechsten Klasse kam ein junger Lehrer, der dafür
sorgte, dass der aufgeweckte «Wildfang» in die «Seki» nach Wila konnte. «Das
waren meine schönsten Jugendjahre», schreibt Hedy Meier im Lebenslauf. Und
interessante dazu: Ihr Sekundarlehrer war nämlich der eben erst vom Seminar
kommende Ernst Brugger, der nachmalige Bundesrat, der hier in Wila seine
ersten Sporen abverdiente und später in Gossau in die Politik einstieg. Die
Geschichten erzählen vom Innenleben des kleinen Mädchens, das vom harten
Bauernleben, vom Arbeiten auf dem Feld bereits als Siebenjährige, aber auch
vom Menschlichen und manchmal Unmenschlichen seiner Umgebung geprägt wurde.
Sechs Jahre lang litt Hedy an ihrem Schulweg nach Schalchen. Das grosse «Breitiholz»
war ihr stets unheimlich. Oft ist sie hier gerannt, fremden Menschen, darunter seltsamen
Individuen ausgewichen, dafür einen weiten Umweg in Kauf nehmend. Bitter,
bitter kalt, im Winter 1929 bis 30 Grad minus, war es oft. Gepfadete Wege
blieben Wunschtraum. Immerhin – im Winter konnten die Kinder im Schulhaus eine
kleine Mahlzeit einnehmen, so dass sie den beschwerlichen Weg nur zweimal unter
die Füsse nehmen mussten. Herrlich
sind die Geschichten und Beschreibungen von knorrigen, kurrligen Menschen,
vom Schulfreund Walterli aus dem Nachbarshof, vom «Bräitibätz», der Onkel
Jakob Trachsler, der später lange Jahre in Wiedikon als Sekundarlehrer amtete.
Einige seiner gekonnten Zeichnungen schmücken das Büchlein «Goldigs Laub».
Hedy Meier berichtet auch, wie das erste Telefon in der Breiti installiert
wurde, auf einem Dachboden, damit niemand die Gespräche abhören möge. Gefährlich
war’s manchmal für das kleine Mädchen. Einmal trat es in eine herumliegende
Sense. Eine Stunde dauerte der Marsch, welchen die Mutter zum Doktor nach
Turbenthal mit ihr machen musste. Zwei Zehen blieben für immer steif. Oder
beim «Säulichauf», als der Bruder das Pferd Nelli nicht genügend
sicherte und es samt «Säuli» in der Kiste und Hedy auf dem Wagen durchbrannte.
Kiste und Kleine landeten mehr oder weniger unverletzt im Garten des
Elternhauses. Eine zentrale Rolle im Leben der Hedy Meier nahm Tante Emma ein,
die ledige Schwester der Mutter, die fast ihr Leben lang auf dem Hof aushalf,
ohne Lohn. Sie war ein herzensgute Frau und oft die Beschützerin der «Kleinen». Etwas
lernen war dem Bauernmädchen verwehrt. Nach kurzem Welschlandaufenthalt, bei
einer bösen Frau, kehrte sie sehr krank nach Hause zurück, litt lange Zeit,
magerte bis auf 25 Kilogramm ab, bis endlich, im damaligen Kantonsspital Zürich,
eine Fehlfunktion der Schilddrüse diagnostiziert wurde. Eine Operation, die
Jahre später wiederholt werden musste, brachte etwas Besserung. Mit Fabrik-
und vor allem Heimarbeit hatte Hedy Trachsler ihren Verdienst.
1943
heiratete sie Armin Meier und brachte drei Kinder zur Welt. 1951 verstarb ihre
Mutter. 1952 war ein Schicksalsjahr: Am 18. Mai brannte das Elternhaus
in der «Breiti» bis auf die Grundmauern ab. Der Vater, obwohl geschwächt
durch ein hartes, entbehrungsreiches Leben, das er oft mit ein bisschen viel
Alkohol etwas rosiger machen wollte, baute trotz seiner 76 Jahre das Haus wieder
auf. Doch bald starb er, und auch die gute Tante Emma. Die Kinder verkauften das
gesamte Anwesen. Manchmal hadert Hedy Meier etwas mit dem Schicksal, fragt sich, was sie mit ihrer Zeit, ihrem Leben eigentlich gemacht habe. Doch kann sie sich nun an ihren Enkeln freuen, ihnen die Schönheiten zeigen. Spät entdeckte sie auch die Freuden des Reisens, sie malt Seide, liest und – schreibt. Sie lebt zusammen mit ihrem Mann in einer schönen Alterswohnung in Wetzikon und freut sich, wenn sie nun mit ihren Büchlein, mit den lesenswerten «Gschichte us em Tösstal» anderen eine Freude bereiten kann. Ihre detailreichen Schilderungen wecken für ältere Leserinnen und Leser Erinnerungen an eigene Erlebnisse und geben der jüngeren Generation Einblick in eine Zeit, die noch nicht allzu lange zurückliegt, in ein Leben, das von Entbehrung geprägt war, wodurch aber auch die kleinen Freuden und Schönheiten einen ungleich höheren Stellenwert erhielten, als dies heute mit noch so viel Fun und Abwechslung, mit allem Geld der Welt nicht erreicht werden kann. Dies macht den eigentlichen Wert des Buches aus. |
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